Chronik

Ein kleiner Verein mit einer großen Geschichte

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht das Projekt von Christa Eglauer fortzuführen und die Chronik des Imkerverein Berchtesgaden zu digitalisieren.

Ein herzliches Dankeschön geht an alle Mithelfer, die dazu beigetragen haben, diese Chronik zu digitalisieren und für jedermann zugänglich zu machen. Ein ganz besonderer Dank gebührt Frau Angerer, die uns größtenteils das handgeschriebene Sütterlin, in eine für uns lesbare Handschrift übersetzt hat.
Natürlich sei auch den ursprünglichen Verfassern dieser Chronik gedankt:


• Max Komposch
• Gustav Steinke
• Peter Seidinger
• Matthias Irlinger


Sowie Allen, die zwar vereinzelte Berichte geschrieben haben, sich aber namentlich nicht hervorgehoben haben.
Christa Eglauer begann in ihrer Zeit als Vorstand des Imkerverein Berchtesgaden damit, die ersten Seiten der Chronik abzutippen. Damit hat sie den ersten Grundstein gesetzt und dazu angeregt, ihr Werk bis zur Vollendung fortzuführen.
Auch ihr ein herzliches Dankeschön

Zusammenfassung

Die Geschichte des Imkerverein Berchtesgaden e.V.

Die Imkerei hat in Berchtesgaden eine lange Tradition. Bereits 1721 existierte ein „Bienenzuchtverein St. Zeno“, der sich um die Organisation der Bienenzucht und die Interessen der Imker kümmerte. Damals hatte der Verein neben wirtschaftlichen auch religiöse Funktionen, etwa das Lesen von Gedenkmessen für verstorbene Mitglieder. Ab 1879 schlossen sich die Berchtesgadener Imker dem Bienenzuchtverein Reichenhall an, da es in Berchtesgaden selbst noch keine organisierte Struktur gab.

In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Zahl der Imker in Berchtesgaden stetig, und viele von ihnen fühlten sich durch die große Entfernung zu Reichenhall benachteiligt. Zwischen 1896 und 1920 fanden in Berchtesgaden nur wenige Imkerversammlungen statt, was die lokale Imkerschaft zunehmend unzufrieden machte. Zudem waren die Bedürfnisse der Berchtesgadener Imker oft anders als die der Reichenhaller Kollegen. Schließlich führte diese Unzufriedenheit 1920 zu einem Aufruf zur Gründung eines eigenen Vereins, der eine bessere Unterstützung für die lokalen Imker bieten sollte. Besonders wichtig war dabei die eigenständige Beschaffung von Zucker zur Bienenfütterung, da dies für die Überwinterung der Völker essenziell war.

Am 2. Januar 1921 wurde der Imkerverein Berchtesgaden offiziell gegründet. Bei der Versammlung im Gasthaus Watzmann waren rund 35 Imker anwesend. Josef Weiß wurde als erster Vorstand gewählt, unterstützt von Franz Ertl als zweitem Vorstand und Fritz Knoll als Kassier. Der neu gegründete Verein musste sich zunächst mit dem Mutterverein in Reichenhall über finanzielle Fragen einigen. Nach längeren Verhandlungen erhielt Berchtesgaden 500 Mark aus dem Vermögen des Reichenhaller Vereins als Starthilfe.

Ein zentrales Projekt in den ersten Jahren des Vereins war die Gründung einer Belegstelle auf der Raggertalm im Jahr 1922. Die Belegstelle wurde eingerichtet, um eine gezielte Zucht von Königinnen und Drohnen zu ermöglichen und so die genetische Qualität der Bienen in der Region zu verbessern. Das Forstamt genehmigte die Nutzung des Geländes gegen eine geringe Gebühr, und der Bezirkstag stellte einen Zuschuss von 500 Mark zur Verfügung.

In den 1920er Jahren wurde die Bienenzucht jedoch durch eine neue Bedrohung erschwert: die Tracheenmilbe (Acarapis woodi). Dieser Parasit befiel die Atemwege der Bienen, was oft zum Tod ganzer Völker führte. Um die Seuche einzudämmen, mussten viele infizierte Völker abgeschwefelt werden. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit verschärften die Lage zusätzlich. Besonders die Hyperinflation von 1923 machte es den Imkern schwer, Zucker und andere notwendige Materialien zu beschaffen. Der Preis für Honig und Bienenwachs stieg ins Unermessliche, sodass sich viele Imker die Fortführung ihres Betriebs kaum leisten konnten.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde der Imkerverein Berchtesgaden zwangsweise in die Reichsfachgruppe Imker integriert. Das Vereinsleben wurde zunehmend staatlich kontrolliert, und die Mitglieder mussten sich strengen Vorschriften unterwerfen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Honig als kriegswichtige Ressource eingestuft, und Imker wurden verpflichtet, einen Teil ihrer Produktion an den Staat abzugeben. Die Zuckerzuteilung wurde stark eingeschränkt, was die Überwinterung der Bienenvölker erschwerte.

Nach dem Krieg musste der Verein neu aufgebaut werden. Josef Stocker übernahm erneut die Vereinsführung und bemühte sich, die Imkerei in Berchtesgaden wiederzubeleben. Die 1950er und 1960er Jahre waren durch große Anstrengungen zur Bekämpfung der Tracheenmilbe geprägt. Gleichzeitig gab es erste wissenschaftliche Schulungen für Imker, um die Bienenzucht nachhaltiger und effizienter zu gestalten. 1971 feierte der Verein sein 50-jähriges Bestehen, was ein Zeichen für seine erfolgreiche Wiederbelebung war.

In den 1980er Jahren trat eine neue Bedrohung auf: die Varroamilbe (Varroa destructor). Dieser aus Asien eingeschleppte Parasit verbreitete sich rasend schnell und stellte eine noch größere Gefahr für die Bienenzucht dar als die Tracheenmilbe. Um die Varroamilbe zu bekämpfen, setzte der Verein auf verschiedene Maßnahmen wie die Behandlung mit Ameisensäure und Oxalsäure, strengere Hygieneregeln und die Züchtung resistenterer Bienen. Trotz dieser Herausforderungen gewann die ökologische Imkerei zunehmend an Bedeutung. Viele Imker begannen, natürliche Methoden zur Bekämpfung von Krankheiten und Parasiten zu erforschen, um den Einsatz chemischer Mittel zu reduzieren.

Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts kamen neue Herausforderungen auf die Imkerei zu. Besonders der Klimawandel wirkte sich stark auf die Bienenzucht aus. Unregelmäßige Blühzeiten, extreme Wetterereignisse und plötzliche Kälteeinbrüche führten dazu, dass viele Bienenvölker geschwächt wurden. Auch die zunehmende Verwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft gefährdete die Bienenbestände. In den 2010er Jahren verstärkte der Verein daher seine Bemühungen um den Schutz der Bienen und setzte sich verstärkt für den Erhalt der Artenvielfalt ein.

Ein weiterer Einschnitt erfolgte im Jahr 2020 mit der Corona-Pandemie, die das Vereinsleben fast vollständig zum Erliegen brachte. Versammlungen, Schulungen und Fortbildungen konnten nicht mehr stattfinden, was insbesondere die Ausbildung neuer Imker erschwerte. Dennoch gelang es dem Verein, alternative Wege zu finden, um den Kontakt zwischen den Mitgliedern aufrechtzuerhalten und Wissen weiterzugeben.

Trotz aller Herausforderungen konnte der Imkerverein Berchtesgaden im Jahr 2021 sein 100-jähriges Bestehen feiern. In diesem Zusammenhang wurde der Verein offiziell als eingetragener Verein (e.V.) registriert, was ihm mehr rechtliche Sicherheit und bessere Möglichkeiten zur Förderung der Imkerei gab.

Heute steht der Imkerverein Berchtesgaden weiterhin vor großen Herausforderungen, doch seine Mitglieder engagieren sich nach wie vor aktiv für den Schutz der Bienen. Neben der Bekämpfung der Varroamilbe und den Folgen des Klimawandels setzt sich der Verein verstärkt für die Ausbildung neuer Imker ein. Zudem wurde ein Kinder- und Schulprogramm ins Leben gerufen, um junge Menschen für die Imkerei zu begeistern.

Nach über 100 Jahren Vereinsgeschichte zeigt sich, dass der Imkerverein Berchtesgaden viele Krisen überstanden und sich immer wieder an neue Gegebenheiten angepasst hat. Von der Vereinsgründung 1921 über die Herausforderungen des Krieges, die Milbenkrisen und die Auswirkungen des Klimawandels bis hin zur modernen ökologischen Imkerei – der Verein bleibt eine feste Größe in der Region und spielt eine entscheidende Rolle für den Erhalt der heimischen Bienenpopulationen.